Verschärfung der Selbstanzeige

Die Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder haben auf ihrer Jahreskonferenz am 09.05.2014 in Stralsund die in der vorangegangenen Woche auf Arbeitsebene erzielte Einigung bei der Neuregelung der Selbstanzeige im Steuerrecht beschlossen. Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer, der gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender der Finanzministerkonferenz ist, begrüßte die Einigung:

„Nach langem Ringen haben wir heute einmütig eine deutliche Verschärfung der Selbstanzeige beschlossen. Als wichtiges Institut im Steuerrecht bleibt die Selbstanzeige aber dem Grundsatz nach erhalten und für Steuerpflichtige wie Steuerbehörden handhabbar. Damit haben wir eine sachorientierte Lösung gefunden.“

Vor rund einem Jahr hatten die Finanzminister der Länder auf ihrer Jahreskonferenz in Wiesbaden auf Initiative des Hessischen Finanzministers eine Neuregelung ins Auge gefasst und eine Arbeitsgruppe eingesetzt.

Bedeutung der Selbstanzeige hervorgehoben

„Die wichtigste Botschaft für all jene, die ihr Kapital schwarz angelegt haben, bleibt: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt und wird konsequent bekämpft“, erklärte Schäfer. Dies sei für alle Beteiligte Leitlinie bei der Neuregelung gewesen.

Gleichzeitig hatten Minister Schäfer und die Vertreter Hessens aber auch immer wieder die Bedeutung der Selbstanzeige hervorgehoben und für ihre Beibehaltung geworben: „Ohne sie kommen wir an bestimmte Steuerstraftäter überhaupt nicht ran. Wer nicht den Fehler macht, die Auszüge vom Schweizer Konto zuhause zu lagern, dem können wir mit unseren Ermittlungsmöglichkeiten nicht auf die Schliche kommen“, so Schäfer.

Gesamtbetrag von 740 Mio. Euro an Mehrsteuern festgesetzt

Allein in Hessen sind seit 2010 insgesamt gut 9.000 Selbstanzeigen zu Kapitalanlagen in der Schweiz eingegangen. Die Steuerbehörden haben daraufhin einen Gesamtbetrag von rund 740 Mio. Euro an Mehrsteuern vorläufig festgesetzt. Dem gegenüber stehen lediglich geschätzt ca. 25,5 Mio. Euro an vorläufig festgesetzten Mehrsteuern durch Ermittlungen aufgrund des Ankaufs von Steuer-CDs. „Allein dieser Zahlenvergleich macht die Bedeutung des Rechtsinstituts der Selbstanzeige deutlich. Ohne sie könnten wir niemals diese hohen Steuermehrbeträge für den Staat und damit für die Gemeinschaft aller Bürgerinnen und Bürger einnehmen“, erklärte Schäfer.

Neue Voraussetzungen ab 01.01.2015

Eine Selbstanzeige für Steuerstraftaten wird künftig nur unter engen Voraussetzungen möglich sein. Das von den Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder heute beschlossene Gesamtpaket umfasst folgende Regelungen:

  • Die Selbstanzeige bleibt dem Grundsatz nach erhalten. Die Grenze bis zu der sie gänzlich straffrei bleibt, wird von 50.000 auf 25.000 Euro gesenkt.
  • Bei darüber liegenden Beträgen wird bei gleichzeitiger Zahlung eines Zuschlages in Höhe von 10 Prozent von der Strafverfolgung abgesehen.
  • Ab einem Hinterziehungsbetrag von 100.000 Euro sind 15 Prozent Zuschlag zu entrichten, ab einem Hinterziehungsbetrag von einer Million Euro sogar 20 Prozent. Bisher war ein Zuschlag von 5 Prozent ab einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 Euro festgelegt.
  • Die Strafverfolgungsverjährung soll in allen Fällen der Steuerhinterziehung auf zehn Jahre ausgedehnt werden. Der Steuerhinterzieher muss also künftig die Taten für die letzten zehn Jahre offenlegen und die hinterzogenen Steuern für diese Jahre nachzahlen, um strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden zu können.
  • Neben dem hinterzogenen Betrag müssen in Zukunft auch die Hinterziehungszinsen in Höhe von 6 Prozent pro Jahr entrichtet werden, damit Straffreiheit eintritt.

Der Bundesminister der Finanzen unterstützt das Gesamtpaket zur Verschärfung der Selbstanzeige. Er wird daher in Abstimmung mit den Ländern auf der Grundlage der beschlossenen Eckpunkte nun einen Gesetzesvorschlag erarbeiten. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2015 in Kraft treten.

 

Die Eckpunkte im Einzelnen

Die folgenden Verschärfungen und Positionen sind vorgesehen:

  1. Die Berichtigungspflicht erstreckt sich künftig in allen Fällen der Steuerhinterziehung auf einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren. Damit ist auch die umgehende Nachentrichtung der hinterzogenen Steuer für den gesamten Zehnjahreszeitraum zwingend, um Strafbefreiung erlangen zu können.
  2. Zu diesem Zweck wird die Strafverfolgungsverjährung durch Änderung des § 376 Absatz 1 AO auch bei einfacher Steuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre ausgedehnt.
  3. Künftig kommt in Fällen der schweren Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Absatz 3 AO nur noch ein Absehen von Strafverfolgung bei gleichzeitiger Zahlung des Zuschlages in Betracht. § 371 Absatz 2 AO wird um einen entsprechenden Ausschlusstatbestand ergänzt.
  4. Die strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO ist künftig nur noch bei einem Hinterziehungsbetrag von bis zu 25.000 € möglich. Ab diesem Betrag wird nur noch bei gleichzeitiger Zahlung eines Zuschlages von der Strafverfolgung abgesehen.
  5. Der Zuschlag nach § 398a AO wird abhängig vom Hinterziehungsvolumen wie folgt festgelegt:
    * über 25.000 € bis 100.000 € beträgt er 10 Prozent,
    * über 100.000 € bis 1.000.000 € beträgt er 15 Prozent,
    * über 1.000.000 € beträgt er 20 Prozent.
  6. Die sofortige Entrichtung der Hinterziehungszinsen von 6 Prozent pro Jahr ist künftig zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung für die strafbefreiende Selbstanzeige.
  7. Es wird gesetzlich klargestellt, dass auch die Umsatzsteuer- oder Lohnsteuer-Nachschau eine Sperrwirkung für die strafbefreiende Selbstanzeige auslöst ebenso wie eine Bekanntgabe der Prüfungsanordnung nur an den Begünstigten.
  8. Im Bereich der Anmeldesteuern gibt es eine gesetzliche Klarstellung zur Beseitigung bestehender praktischer und rechtlicher Verwerfungen. Insbesondere muss eine berichtigte oder verspätete Steuer(vor)anmeldung, die keine Jahreserklärung ist, als wirksame Teilselbstanzeige gelten können.
  9. Ein steuerartenübergreifendes Vollständigkeitsgebot wird nicht befürwortet, da dieses in Anbetracht der erhöhten Anforderungen an die Rechtssicherheit im Strafrecht kaum rechtsklar ausgestaltet werden könnte. Hinzu kommt, dass es nur unter erheblichem Aufwand für die Finanzämter administrierbar und überprüfbar wäre.
    Aufgrund der bereits bestehenden rechtlichen und praktischen Probleme im Bereich der Anmeldesteuern (insbesondere Umsatzsteuer und Lohnsteuer) müssten diese aus Gründen der Rechtsklarheit aus dem Vollständigkeitsgebot ausgenommen werden, um eine handhabbare Regelung überhaupt zu ermöglichen. Diese Sonderbehandlung der Umsatzsteuer würde zu Verwerfungen hinsichtlich der anderen Steuerarten führen und wäre rechtlich kaum zu begründen.
  10. Es wird eine europarechtskonforme steuerliche Anlaufhemmung bei ausländischen Kapitalerträgen mit zeitlicher Befristung eingeführt, deren konkrete rechtliche Umsetzung im Gesetzgebungsverfahren festgelegt wird.
  11. Insbesondere wegen verfassungsrechtlicher Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz des Selbstbelastungsverbots und daraus folgender Verwertungsverbote wird von einer Einführung einer Obergrenze für die Wirksamkeit der Selbstanzeige abgesehen. Solche Verwertungsverbote hätten im Besteuerungsverfahren nicht nur im Hinblick auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, sondern auch in administrativer Hinsicht erhebliche negative Auswirkungen.

Quelle/n: Pressemitteilungen vom 09.05.2014 – Pressestelle der hessischen Staatskanzlei sowie Landesfinanzministerium Nordrhein-Westfalen.

Fazit

Wer Berichtigungsbedarf sieht, braucht kurzfristig beraterliche Unterstützung. Die Zeit drängt, denn die Berichtigungserklärungen bzw. die Selbstanzeige will sorgfältig vorbereitet werden. Wer erst in der zweiten Jahreshälfte 2014 handelt, wird zusätzlich damit zu kämpfen haben, dass die Kapazitäten bei spezialisierten Steuerberatern und Fachanwälten für Steuerrecht knapp sind. Sprechen Sie uns gerne an – wir sind auf Steuerstrafrecht spezialisiert und können auch bei Bedarf für Sie auf die Ressourcen in unserem Fachberaterzentrum zurückgreifen.

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