Grundlage der Verbraucherbeglückung

Die Europäische Union „beglückt“ Ihre Bürger gerne mit der Stärkung von Rechten. Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie RL 2013/11/EU ist in Deutschland mit Wirkung ab dem 01.02.2017 das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in Kraft getreten.

Dieses Gesetz soll dafür sorgen, dass Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmen nicht zwingend gerichtlich, sondern vielmehr auch in außergerichtlichen Verfahren wie Mediation, Schlichtung oder Schiedsverfahren beigelegt werden können.

Das war zwar in Deutschland auch bisher und ohne gesetzliche Regelung möglich, ist aber nun gesetzlich geregelt worden.

Informationspflicht vs. Teilnahmepflicht

Eingeführt wurden mit Wirkung ab dem 01.02.2017 Informationspflichten gegenüber Verbrauchern, die zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten erbracht werden müssen: nämlich erstens schon vorvertraglich und zweitens dann, wenn es zu einer Streitigkeit gekommen ist.

Vorvertraglich muss

  • jeder Unternehmer,
  • der einerseits Geschäfte mit Verbrauchern im Sinne des § 13 BGB macht und
  • der anderseits Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet oder eine Internet-Seite unterhält

seine Verbraucherkunden auf der Rechtsgrundlage von § 36 I Nr. 1 VSBG über seine (vorhandene oder fehlende) Teilnahmebereitschaft an einem Streitbeilegungsverfahren im Sinne des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes informieren.

Diese Information muss leicht zugänglich sein sowie klar und für den Verbraucher verständlich erfolgen.

Wenn die Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag durch den Unternehmer und den Verbraucher nicht beigelegt werden konnte, muss der Unternehmer nach § 37 VSBG dem Verbraucher mitteilen, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit ist oder verpflichtet ist. Sollte er verpflichtet (oder freiwillig dazu bereit) sein, hat er den Verbraucher auf die in der Sache zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Anschrift und Webseite hinzuweisen.

Dabei schreibt das Gesetz die Textform im Sinne des § 126b BGB vor; es reicht daher auch eine E-Mail aus.

Von den oben genannten Informationspflichten klar zu trennen ist übrigens die Frage der Teilnahmepflicht an einem Schlichtungsverfahren. Diese gilt nämlich nur für wenige Branchen (z.B. für den Luftverkehr, im Bereich der Energiewirtschaft, in der Telekommunikation und bei Finanzdienstleistungen). Die meisten Branchen unterliegen von daher keinem Zwang – sie können sich aber freiwillig bereit erklären, an einem solchen formalisierten Schlichtungsverfahren teilzunehmen (wovon wir in der Regel abraten, s. unten). Wer das will – oder muss – findet die für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle in einer Liste des Bundesamtes für Justiz.

Ausnahme für Kleinbetriebe

Von der Verpflichtung befreit sind nach § 36 Abs. 3 VSBG Unternehmer, die am 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben.

Die Anzahl der Personen ist dabei nach arbeitsrechtlichen Vorschriften zu ermitteln. Danach zählen Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit

  • von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5
  • von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75
  • von mehr als 30 Stunden mit 1,0.

Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis aus gesetzlichen Gründen ruht, sind bei der Ermittlung der Beschäftigtenanzahl ebenfalls zu berücksichtigen. Dazu zählen z.B. Beschäftigte in Elternzeit oder in Pflegezeit sowie Frauen in den Mutterschutzfristen. Der Arbeitsplatz von Ersatzkräften wird nur einmal gezählt.

Auszubildende und Umschüler (wenn Sie wie Auszubildende in einem anerkannten Ausbildungsberuf umgeschult werden) zählen nicht zu den Beschäftigten.

Verstoß gegen Informationspflichten wird teuer

Wer gegen diese Verpflichtung verstößt, riskiert, in die Fänge von Abmahnern zu geraten.

Die Vorschriften zu den Informationspflichten wurden nämlich mit Artikel 7 des „Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten“ ausdrücklich in den Katalog der Vorgänge aufgenommen, die im sogenannten Unterlassungsklagegesetz erwähnt sind. Verstöße können damit ausdrücklich abgemahnt und im Wege der Unterlassungsklage verfolgt werden.

Die Folge sind hohe Anwaltskosten; diese sind zwar in der Regel steuerlich abzugsfähig … aber das kann beim entstandenen Schaden nur noch ein Trostpflaster sein.

Tipp: grundsätzlich kein freiwilliges Schlichtungsverfahren

Wer nicht dazu verpflichtet ist, sollte Schlichtungsverfahren vermeiden, die nach unserer langjährigen Erfahrung als Steuerberater und Rechtsanwalt  nur mit erheblichen Kosten, viel Zeitverlust und wenig Mehrwert verbunden sind.

Gründe sind

  • Häufig niedrige Fachkompetenz der Schlichter und deshalb „Fehlurteile“
  • Kosten für den eigenen Anwalt entstehen trotzdem – schlimmstenfalls „doppelt“
  • In der Regel kein vollstreckbarer Titel – hierfür bleibt doch nur der Gang zum Gericht.
  • Zeitverlust, wenn anschließend doch gerichtlich vorgegangen werden muss.

Besser ist in der Praxis deshalb

  • Vermeiden von Streitigkeiten „von vornherein“ durch professionelles Vorgehen mit schriftlichem Auftrag sowie klaren und transparenten Preisvereinbarungen.
  • Wenn Streit aufkommt, kann ein Mediationsverfahren sinnvoll sein – oder ein Entgegenkommen unter den Parteien.
  • Hilfreich ist im Zweifel sicher der Gang zum Rechtsanwalt. Zur Kostenbegrenzung kann außergerichtlich eine individuelle Honorarvereinbarung geschlossen werden.

Lösung

Vereinfacht empfiehlt sich ein Ablauf wie folgt:

  1. Prüfen Teilnahme
    Bin ich zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren verpflichtet oder will ich mich freiwillig einem solchen Verfahren unterwerfen?
  2. Prüfen Informationspflicht
    Bin ich als Kleinunternehmen von den Informationspflichten befreit?
  3. Rückversichern
    Erforderlichenfalls anwaltlichen Rat bei einholen!
  4. Vorvertragliche Informationspflicht erfüllen
    Eine Formulierung für die Nichtteilnahme finden Sie in unserem Impressum.
    Eine Formulierung für die freiwillige Selbstverpflichtung könnte lauten:
    „Wir sind bereit, an Streitbeilegungsverfahren vor der folgenden Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen (Schlichtungsstelle, Anschrift, Website)“
    Eine Formulierung für Verpflichtete könnte lauten:
    „Wir sind nach § … verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor der folgenden Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen (Schlichtungsstelle, Anschrift, Website)“
  5. Musterschreiben für Verbraucher in Streitsituation erstellen
    Ein sehr kurzer Textvorschlag könnte lauten:
    „Sehr geehrte/r ….,
    leider konnten wir uns bisher nicht einigen. Unser Angebot, die Sache durch Zahlung eines Betrages von … Euro beilzulegen, halten wir bis zum …. (Datum) aufrecht. Für den Fall, dass bis dahin kein Ausgleich erfolgt ist, teilen wir mit, dass keine Verpflichtung und keine Bereitschaft zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle besteht. Wir sehen uns dann leider gezwungen, anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, was für Sie mit erheblichen Mehrkosten verbunden wäre, die Sie sicher vermeiden wollen.“

Weiterführende Hilfe?

Die hier gestellten Informationen sind natürlich nur verkürzt und können juristischen Rat im Einzelfall nicht ersetzen. Gerne beraten wir Sie hier individuell und freuen uns jederzeit über Ihre Anfrage!